Eigentlich wollten wir dieses Jahr unseren Gottesdienst zum Himmelfahrtsfest gemeinsam mit der Gemeinde Bedingrade-Schönebeck feiern.
Nun gibt es als Ersatz eine Leseandacht von Pfarrerin Dagmar Kunellis.
 

 

Gottesdienst zu Himmelfahrt, 21.05.2020

In den letzten Jahren haben wir den Himmelfahrts-Gottesdienst regelmäßig zusammen mit der Ev. Kirchengemeinde Dellwig-Frintrop-Gerschede gefeiert. Diese Gemeinschaft hat uns immer große Freude gemacht. Leider ist es in diesem Jahr nicht möglich, dass wir uns zu Gottesdienst und Begegnung treffen.
Unsere herzlichen Grüße aus dem Lutherhaus gehen deshalb auf diesem Weg an alle Gemeindeglieder unserer Nachbargemeinde, die diesen Gottesdienst jetzt über den Newsletter bekommen. Im nächsten Jahr sehen wir uns hoffentlich wieder, und zwar am Himmelfahrtstag 2021, 13. Mai 2021. 

Musik: Ludwig van Beethoven; Die Himmel rühmen
https://www.youtube.com/watch?v=C9O6AsUyKPU

Eine Geschichte zu Himmelfahrt
Ein Kind fragte seine Mutter: „Der Himmel ist doch da oben, oder?“ – und es zeigte in die Luft. „Welchen Himmel meinst du?“ fragte die Mutter. „Na, den Himmel!“ „Meinst du den Himmel, an dem die Wolken sind und wo die Flugzeuge fliegen?“ fragte die Mutter geduldig weiter. „Nein, den richtigen Himmel“, antwortete das Kind, „wo die Engel sind.“ Da sagt die Mutter: „Der Himmel, den du meinst, ist dort, wo Gott ist, und Gott ist überall. Deshalb ist auch der Himmel nicht irgendwo über uns, sondern überall – in uns und um uns herum. Wir können ihn nur noch nicht sehen, weil Gott uns zuerst andere Augen und ein anderes Herz geben muss.“
Gerhard Lohfink

Aus Psalm 47
Schlagt froh in die Hände, alle Völker, und jauchzet Gott mit fröhlichem Schall! 
Gott fährt auf unter Jauchzen, der HERR beim Schall der Posaune. 
Lobsinget, lobsinget Gott, lobsinget, lobsinget unserm Könige! 
Denn Gott ist König über die ganze Erde; lobsinget ihm mit Psalmen! 
Gott ist König über die Völker, Gott sitzt auf seinem heiligen Thron. 
Die Fürsten der Völker sind versammelt als Volk des Gottes Abrahams; 
denn Gott gehören die Starken auf Erden; er ist hoch erhaben.

Apostelgeschichte 1, 3-12
Den Aposteln zeigte Jesus sich nach seinem Leiden durch viele Beweise als der Lebendige und ließ sich sehen unter ihnen vierzig Tage lang und redete mit ihnen vom Reich Gottes. Und als er mit ihnen beim Mahl war, befahl er ihnen, Jerusalem nicht zu verlassen, sondern zu warten auf die Verheißung des Vaters, die ihr – so sprach er – von mir gehört habt; denn Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber sollt mit dem Heiligen Geist getauft werden nicht lange nach diesen Tagen. Die nun zusammengekommen waren, fragten ihn und sprachen: Herr, wirst du in dieser Zeit wieder aufrichten das Reich für Israel? Er sprach aber zu ihnen: Es gebührt euch nicht, Zeit oder Stunde zu wissen, die der Vater in seiner Macht bestimmt hat; aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde. Und als er das gesagt hatte, wurde er vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf, weg vor ihren Augen.
Und als sie ihm nachsahen, wie er gen Himmel fuhr, siehe, da standen bei ihnen zwei Männer in weißen Gewändern. Die sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht gen Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen. Da kehrten sie nach Jerusalem zurück von dem Berg, der Ölberg heißt und nahe bei Jerusalem liegt, einen Sabbatweg entfernt.

Musik: EG 123 Jesus Christus herrscht als König
https://www.youtube.com/watch?v=Bb0HZZb4Yj4


Liebe Schwestern und Brüder!
„Ich bin dann mal weg“ – unter diesem Titel erschien vor einigen Jahren das Buch von Hape Kerkeling, in dem er seine Erfahrungen als Pilger auf dem Jakobsweg erzählt, und das zu einem überraschenden Bestseller wurde.
„Ich bin dann mal weg“. Vielleicht machen sich mit diesen Worten auch einige Männer heute auf dem Weg, die den Himmelfahrtstag für einen Zug ins Blaue nutzen, mit den entsprechenden Getränken auf dem Bollerwagen und in der Gemeinschaft mit guten Kumpels, Vatertag eben. Allerdings scheint das in Coronazeiten nicht so ganz ohne Probleme zu klappen. In den Nachrichten habe ich gesehen, dass manche Landkreise strenge Alkoholverbote erlassen haben, weil sich zu viel Alkohol und Corona-Abstandsregeln wohl nicht so gut miteinander vertragen. Trotzdem werden sich sicher wieder so einige Herren auf den Weg machen.
„Ich bin dann mal weg.“ Das bedeutet andersherum aber auch: Ihr bleibt dann mal hier. Während die einen davon ziehen, bleiben die anderen zurück.
Warum der Himmelfahrtstag zum Vatertag wurde, ist nicht so ganz geklärt. Vielleicht deshalb, weil Jesus „zu seinem Vater“ gegangen ist. Vielleicht aber auch, weil in dem Bericht aus der Apostelgeschichte von den „Männern aus Galiläa“ die Rede ist, also von einer Männerrunde, aus der heraus Jesus „in den Himmel gehoben“ wurde. 
Aber ganz egal, welche Bräuche und Traditionen es gibt, wir Christen und Christinnen feiern an diesem Donnerstag, 40 Tage nach Ostern das Fest Christi Himmelfahrt. 
Was die Apostelgeschichte uns erzählt, regt die Phantasie an. Wie haben wir uns die Himmelfahrt vorzustellen? Etliche Künstler haben sich an dieser Szenerie versucht. Auf den Bildern sehen wir oft den auffahrenden Christus mit ausgebreiteten Armen, sein Gewand umweht ihn wie eine flatternde Fahne. Auf manchen Darstellungen ist auch nur noch eine Wolke zu sehen, aus der unten ein paar Füße herausragen. Und zurück bleiben unten alle anderen, oft mit Erstaunen und Schrecken im Blick. Was ist das, was da zu Himmelfahrt geschieht? Wahrscheinlich kennen Sie selbst solche Darstellungen und haben die Bilder vor Augen. 
„Ich bin dann mal weg.“ Jesus ist inzwischen über 2000 Jahre „mal weg“. Das ist eine Ewigkeit. Und manchmal ist er so weit weg, und alle Erinnerungen und Erzählungen reichen nicht aus, diese Entfernung zu überbrücken. Glaube, Hoffnung, Liebe, sie bleiben, aber sie sind oft so klein.
Die, die zurückbleiben, sind fassungslos. Wie kann Jesus das machen? Lässt uns einfach hier sitzen. Jesus ist weg, zum Vater gegangen. Und die Jünger stehen da und gucken nach oben in den Himmel. So stehen auch wir da, ein wenig ratlos und auch ein wenig fasziniert.
Jesus ist weg, aber wir hoffen, dass er wiederkommt. So bekennen wir es jedenfalls im Glaubensbekenntnis: „…aufgefahren in den Himmel, er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters, von dort wird er kommen…“
Die Zeit zwischen Ostern und Pfingsten ist eine Zeit, die den Glauben auf besondere Weise herausfordert. 40 Tage hat Jesus damals seinen Jüngern eingeräumt, um die neue Realität zu begreifen. Und dann gab es noch einmal 10 Tage bis Pfingsten. Da schickt Gott den Freunden Jesu seinen Geist. Und so können auch andere Menschen die Jünger als Glaubende erleben, und aus der wachsenden Gemeinschaft der Jünger wird schließlich die Kirche. 
Jesus ist weg, aber die Botschaft von Himmelfahrt ist auch: Er kommt wieder. Er ist gegangen, um uns bei seinem Vater eine Wohnung zu bereiten. Und er ist nicht ganz weg. Wir können ihm begegnen. Ja, manchmal ist er da, dann meinen wir ihn zu spüren. Und vielleicht begegnet er uns hier und da in einem anderen Menschen. „Wo zwei oder drei in meinem Namen beisammen sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ (Matthäus 18,20). Das hat Jesus gesagt, und so können wir es erfahren. In der Gemeinschaft mit anderen geht er ein Stück mit uns, so wie er nach seiner Auferstehung mit den Emmausjüngern ein Stück gegangen ist. (Lukas 24, 13-35). Die beiden Freunde Jesu, die wir als die „Emmausjünger“ kennen, machen sich am Ende, nachdem sie Jesus erkannt haben, wieder auf den Weg, sie gehen zurück zu den anderen. Auf diesem Weg sind sie wieder allein, wie auf dem Hinweg, sie sehen Jesus nicht. Aber die Begegnung, die sie erlebt haben, bringt sie in Aktion - Geheimnis des Glaubens, Geheimnis der Hoffnung.
Auch wir leben in dieser besonderen Spannung: Nur wenn Jesus weg ist, kann ich ihn ersehnen. Wenn Gott nicht da ist, kann die Sehnsucht nach ihm wachsen. Es gehört zu der Glaubenserfahrung eines jeden Christen, einer jeden Christin, Gottesnähe und Gottesferne zu erleben. Tief zu glauben und sich getragen zu fühlen und dann wieder zu zweifeln, ob das wirklich alles so wahr ist. Getragen zu sein von der Hoffnung, dass sich alles zum Guten wendet und dann wieder deprimiert zu sein, wenn sichtbar wird, was in dieser Welt alles schief läuft. 
Aber die Hoffnung ist da. Sie ist die letzte kleine Gabe aus der Büchse der Pandora, die uns hilft, an unserem Glauben festzuhalten.
Der tschechische Dichter-Präsident Václav Havel wird mit dem folgenden Satz zitiert:
„Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal, wie es ausgeht.“
Das Himmelfahrtsfest stellt uns als Fest der Osterzeit noch einmal mitten hinein in das Spannungsfeld des Glaubens und Nichtglaubens. Aber die Hoffnung bleibt und trägt uns. Und manchmal, wenn ich mir die Bilder anschaue, auf denen die Himmelfahrt Jesu dargestellt ist, denke ich: „Bin ich eigentlich sicher, dass er da gerade zum Himmel auffährt? Vielleicht kommt er ja gerade zurück!“ Ja, diese Hoffnung bleibt, dass Jesus mir begegnet, in welcher Situation und in welchem anderen Menschen auch immer.
Amen.Musik: EG 409 Gott liebt diese Welt
https://www.youtube.com/watch?v=VNeZjSOnR-g



Gebet
Gott, du Quelle des Lebens,
du hast uns zugesagt, dass du bei uns bist und uns erlöst.
Im Vertrauen darauf bitten wir dich:
Sende deinen Geist aus unter denen, die in Politik und Wirtschaft Verantwortung tragen. Lass sie Wege finden und umsetzen, die zu menschlichen Lösungen führen,
Wege, die ohne Druck, Waffengewalt und Lügen auskommen.
Lass sie erfahren, dass deine Weisheit sie neue Wege weist.
Sende deinen Geist aus unter denen, die verstummt sind in ihrer Not,
weil sie nichts zu essen haben, kein Dach über den Kopf finden und keine Heilung in ihrer Krankheit, die nicht frei sind, zu tun, was ihnen guttut. 
Lass sie erfahren, dass du ihre Not wahrnimmst und lass sie Menschen finden, 
die bereit sind, Fürsprache für sie zu halten und die sie stärken, selbst wieder die Stimme zu erheben.
Sende deinen Geist aus auch unter uns, deiner Gemeinde,
damit wir erkennen, was uns von deinem Heil abhält und uns auch von anderen trennt, dass wir aber auch sehen, was uns miteinander verbindet.
Lass uns erfahren, was es heißt, wahrhaftig zu leben und zu lieben,
miteinander zu lachen und zu weinen, füreinander da zu sein. Unser Vater im Himmel…Segen
Segne uns, Gott, mit deinem Lebensatem.
Stärke uns, Geist, mit dem Feuer der Liebe.
Segne uns, Gott, mit deinem Frieden.
So segne und behüte uns der allmächtige und gnädige Gott,
der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.


Amen.Bleiben Sie bewahrt und behütet!


Pfarrerin Dagmar Kunellis