INFORMATIONEN VON DER LANDESSYNODE

der Evangelischen Kirche im Rheinland | Nr. 1 vom 9. Januar 2017

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Christlicher Glaube lässt sich in seinem Handeln durch Angst nicht verunsichern

Präses ruft zu Beginn der Landessynode zu trotzigem Gottvertrauen auf

Bad Neuenahr. Präses Manfred Rekowski hat im Eröffnungsgottesdienst der Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland zu einem „trotzigen Gottvertrauen“ und einer „kühnen Zuversicht in das Leben“ aufgerufen, auch wenn die täglichen Erfahrungen von Leid, Elend und Gewalt eine andere Haltung nahelegten. „Angst, die einengt, Todesangst, die jeden Handlungsspielraum zu verschließen scheint, sind Erfahrungen, die auch uns nicht fremd sind“, sagte der rheinische Präses am heutigen Sonntagnachmittag in der Martin-Luther-Kirche in Bad Neuenahr (siehe Sperrfrist). Rekowski verwies dabei auf die Ereignisse in Aleppo und Berlin: „Die Welt hat zusehen müssen, wie die Bomben in Aleppo gewütet haben und tausendfachen Tod, Elend und Zerstörung gebracht haben – und es gab kein Einhalten. Der Terroranschlag neben der Gedächtniskirche in Berlin hat uns gezeigt, dass Gewalt und Hass bis in unsere Städte, bis in unsere Feste und Zusammenkünfte hineingetragen werden – und es gibt keinen vor Terror geschützten Raum mehr.“

Angst und Enge hätten viele Menschen gepackt: Angst vor Gewalt und Terror, Angst vor Fremdem und Überfremdung, Angst vor Verlust der eigenen Identität, Angst vor dem Verlust des Besitzstandes. „Und diese Angst macht es eng im Denken und im Tun auch: Da werden Sündenböcke gesucht und gefunden – einzelne und Gruppen; da fordert man hemmungslos Ausgrenzung und Abschottung: Reaktionen der Angst und der Enge“, sagte der rheinische Präses weiter.

„Doch über diese Ängste hinwegzugehen hilft nicht, zumal wir ja auch selbst die Enge spüren und mit den Trauernden leiden. Wir teilen die Unsicherheit der Bedrohten. Aber wir werden diese Ängste nicht bedienen. Sie sollen uns in unserem Handeln nicht bestimmen und erst recht nicht lähmen. Sondern wir trauen dem Gott des Lebens viel zu: Ich werde nicht sterben, sondern leben“, sagte Rekowski mit Bezug auf einen Vers aus dem 118. Psalm. Dieser Psalm – „Luthers Lieblingspsalm“, so der Präses – lade ein, „auf Gottes Güte, Lebenswillen und Lebenskraft zu vertrauen, die Angst in Weite, Böses in Gutes, Tod in Leben verwandeln kann“.

Dieses Vertrauen bestimmt für Präses Rekowski auch christliches Handeln: „Gewalt nicht mit Gegengewalt beantworten, das überraschende Angebot der Gewaltlosigkeit wagen, die Grenzen nicht aus Furcht dichtmachen, der Hilfsbereitschaft der Menschen etwas zutrauen, gerecht teilen, weil genug für alle da ist. ,Ich werde nicht sterben, sondern leben und des Herrn Werke verkündigen.‘ Das ist unsere Mission!“

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Manfred Rekowski: „Es gibt auch so etwas wie ein falsches Zeugnis“

Präses fordert vor Synode Diskurs über gesellschaftlichen Zusammenhalt

Bad Neuenahr. Zu Beginn des Wahljahrs 2017 im Saarland, in Nordrhein-Westfalen und im Bund hat Präses Manfred Rekowski die Kirchen aufgerufen, Fragen der Gerechtigkeit und des gesellschaftlichen Ausgleichs auf die Agenda zu setzen. „Wir müssen als Kirche dazu beitragen, dass um Freiheit, um Gerechtigkeit und um den gesellschaftlichen Zusammenhalt gerungen wird. Es kommt darauf an, sachgemäße und menschengerechte Lösungen zu finden“, sagte der leitende Geistliche der rheinischen Kirche heute in seinem „Bericht über die für die Kirche bedeutsamen Ereignisse“ vor der Landessynode in Bad Neuenahr.

Mit Besorgnis nimmt der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland auch manche Äußerungen politischer Parteien wahr. „Hier werden auch Positionen vertreten, die deutlich der christlichen Botschaft widersprechen, obwohl das Etikett ,christlich‘ benutzt wird“, sagte Rekowski mit Blick auf Äußerungen der Alternative für Deutschland (AfD).  „Es gibt auch so etwas wie ein falsches Zeugnis“, so der Präses weiter. Wer etwa seine Politik mit einer diffusen, wie das Grundsatzprogramm der AfD es formuliere, „religiösen Überlieferung des Christentums“ begründe, „den werden wir zum Fundament seines Glaubens befragen“. Wer sowohl dem Judentum als auch dem Islam keinen Platz in der deutschen Gesellschaft lasse, fordere den massiven Widerstand der evangelischen Kirche heraus. „Der Glaube an Gott, der die Welt und die Menschen liebt, hat nichts gemein mit Hass gegen einzelne Menschen oder Menschengruppen. Das ist keine Alternative für Christen, sondern eine Pervertierung des Glaubens“, so der Präses weiter.

Von der Nächstenliebe gibt es keinen Dispens

Zugleich forderte Präses Rekowski seine Kirche auf, sich verstärkt damit auseinanderzusetzen, dass ein großer Teil der Bevölkerung offenkundig Vorbehalte gegenüber Muslimen habe. „Was bedeutet es für unsere Gesellschaft, wenn 57 Prozent im Osten und 49 Prozent im Westen Deutschlands den Islam als bedrohlich bewerten?“, fragte er vor der Landessynode. Angesichts islamistischer Anschläge mache sich beispielsweise eine kurzschlüssige Verbindung zwischen Islam und Terrorismus breit. Doch damit folge man genau der Fährte, die diese Terroristen legten. „Es ist gerade eine vornehme Aufgabe der Kirchen in unserer Gesellschaft, immer wieder zu betonen: Das menschenverachtende Handeln einiger weniger Verbrecher beruft sich zu Unrecht auf die Religion des Islam, der mehr als eine Milliarde Menschen angehört, die in Frieden leben wollen“, sagte der Präses. Zugleich forderte Präses Manfred Rekowski Moscheegemeinden zu deutlichen und klaren Abgrenzungen auf. Eine deutliche Positionierung trage auch zum sozialen Frieden bei.

Präses Manfred Rekowski legte der Landessynode im Gedenkjahr 500 Jahre Reformation unter dem rheinischen Motto „Ich bin vergnügt, erlöst, befreit“ eine evangelische Zeitansage vor. Christinnen und Christen seien in der Gottesbeziehung befreit und in die Pflicht gegenüber dem Nächsten genommen. „Wer sich hier entpflichten will, also die Pflicht gegenüber dem Nächsten aufkündigt, der tritt faktisch aus der Gemeinschaft der Glaubenden heraus, auch wenn er Kirchenmitglied bliebe. Hier gibt es keinen Dispens“, sagte Rekowski.

„Vielfalt ist kein Manko, sondern eine Chance“

In seinem Bericht bezog der Präses auch Position in ökumenischen Belangen. So warb der Präses für eine „Ökumene unter einem Dach“. Solche „Wohngemeinschaften“ seien nicht auf den Konsens in allen Lehrfragen angewiesen, sondern suchten nach gemeinsamen konfessionsübergreifenden Lösungen sozialer und gemeindlicher Fragen. Außerdem gelte es, den Reichtum der Konfessionen zu entdecken. „Vielfalt ist kein Manko, sondern eine Chance, zumal dann, wenn reformatorisch Kirche zu sein zugleich auch ökumenisch Kirche zu sein heißt“, sagte Rekowski. Für Kirchengemeinden wie für ganze Kirchen gelte: Eine profilierte Arbeit strahl mehr aus und bietet eine deutlich höhere Bindungskraft.

Konfessionsübergreifend gelte: „Christus allein ist prägend und bestimmend für unseren Glauben und für unser Leben und Arbeiten in den Kirchen.“ Diese Botschaft, dass Gott sich als Mensch schutzlos anderen Menschen ausgeliefert hat, zeige: „Nicht Gewalt und Macht werden sich durchsetzen, sondern Gewaltlosigkeit. Geboren in einem Stall. In prekären Verhältnissen wird er einer von uns ¬– doch nicht angepasst. Er sagt die Veränderung der menschlichen Verhältnisse an. Das ist seine Alternative für unsere geschundene und nach Erlösung schreiende Welt. Und das ist die Mission unserer Kirche.“

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Ruhr-Bischof zur Landessynode: „Als Christen sind wir nur gemeinsam stark“

Franz-Josef Overbeck plädiert in Bad Neuenahr für eine vertiefte Ökumene

Bad Neuenahr. Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck sieht die Kirchen im Reformationsjahr an der Schwelle zu einer neuen Gemeinsamkeit im Glauben. Nach den bedeutenden ökumenischen Dialogen der vergangenen Jahrzehnte, durch viele Begegnungen und gelebte Ökumene in den Gemeinden werde die Heilung der Wunden möglich, die die durch die Reformation ausgelöste Trennung zwischen Protestanten und Katholiken geschlagen habe, sagte Overbeck in einem Grußwort am Sonntagabend vor der Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland (siehe Sperrfrist). Die Einsicht wachse, dass Christinnen und Christen in einer sich radikal verändernden Welt nur noch gemeinsam glaubwürdige Zeugen des Evangeliums sein könnten.

Das Reformationsjahr 2017 bietet nach den Worten Overbecks gute Voraussetzungen, die Verbindung zwischen evangelischer und katholischer Kirche zu vertiefen. Ökumene dürfe künftig nicht länger als Zusatzaufgabe gesehen werden, sondern sei als gemeinsamer Auftrag zu begreifen. „Es wächst die Erkenntnis, dass wir Christen nur gemeinsam stark sind“, unterstrich der Bischof.

Er verwies auf die gemeinsame Erfahrung beider Kirchen, dass bisherige Formen der Seelsorge immer weniger Menschen erreichten. Bei der Suche nach neuen Gemeindeformen – ein Thema auf der Landessynode wie im Bistum Essen – biete sich eine stärkere Vernetzung an. Auch bei der Anpassung von kirchlichen Angeboten und dem Gebäudebestand an die geringer werdenden finanziellen und personellen Ressourcen sieht er Potenzial zur Zusammenarbeit. „Wir vergeben aus meiner Sicht eine große Chance, wenn wir in diesen Prozessen nicht die Abstimmung über unsere pastoralen Schwerpunkte vor Ort suchen und die Möglichkeit inhaltlicher Kooperationen sowie ganz konkret die gemeinsame Nutzung von Gebäuden prüfen, so dies möglich und erwünscht ist“, sagte Overbeck.

Wie der rheinische Präses Manfred Rekowski sei auch er überzeugt, dass „die Zukunft unserer Kirchen ökumenisch ist“. Es gelte aber „aufrichtig in den Fragen zu bleiben, die zeigen, was uns noch trennt“. Hier helfe nur ein neu intensivierter und gleichzeitig geduldiger theologischer Dialog, wie auch Papst Franziskus am Reformationstag 2016 in Lund gesagt habe.

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Hannelore Kraft dankt für Flüchtlingshilfe aus den Kirchen

Grußwort der NRW-Ministerpräsidentin bei der rheinischen Landessynode

Bad Neuenahr. „Vielfalt ist unsere Stärke“, unterstrich die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft in ihrem Grußwort am heutigen Sonntag (8. Januar) vor der Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland in Bad Neuenahr. Mit Zuversicht blicke sie auf die kommenden Herausforderungen. Einen besonderen Dank richtete die Politikerin an die ehren- und hauptamtlich Mitarbeitenden aus den Kirchen für ihre Hilfe für Flüchtlinge.

Kraft erinnerte an die Geschichte des Landes Nordrhein-Westfalen, in dem man nach dem Zweiten Weltkrieg vieles gemeistert habe. Wer heute mit Vertretern internationaler Unternehmen spreche, höre, dass sie nicht nur wegen guter Bildung oder Infrastruktur nach NRW kämen, sondern auch weil die Mitarbeiter sich sofort  aufgenommen fühlten.

Im vergangenen Jahr seien 100.000 Flüchtlinge ins Bundesland gekommen. „Obwohl wir nicht gut vorbereitet waren, haben alle angepackt“, erklärte die SPD-Politikerin. Es sei phantastisch, was da geleistet worden sei und die Willkommenskultur sei auch jetzt noch lebendig. Wichtig sei der direkte Kontakt mit Flüchtlingen, der dazu führe, den Einzelnen oder die Einzelne zu sehen. Es gehe um Mitmenschlichkeit und christliche Nächstenliebe. Doch zum Rechtsstaat gehöre auch, einen Missbrauch des Asylrechts zu verhindern und abgelehnte Bewerber abzuschieben.

Zugleich betonte Kraft, dass „die eigentlichen  Aufgaben der Integration noch vor uns liegen“. Zum Beispiel im Wohnungsbau und auf dem Arbeitsmarkt gebe es noch große Schritte zu bewältigen. Sie erinnerte an den Zusammenhalt, der im Bergbau-Land traditionell eine große Bedeutung hat.

Zum 500. Reformationsjubiläum wünscht sich die Ministerpräsidentin ein Bewusstsein dafür, welch prägende Kraft für das politische und gesellschaftliche Leben in Europa von diesem Ereignis ausging. Sie freue sich auf das Jubiläum, das im Rheinland unter dem Motto „Ich bin vergnügt, erlöst, befreit“ gefeiert wird.

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