Predigt über Johannes 14,9:

 „Ich lebe und ihr sollt auch leben!“

Sehen Sie hier eine Aufzeichnung des Online-Kurzgottesdienstes für den 19. April 2020

Kurzpredigt, Fürbitte Gebärdensprache Musik

Pfarrer Steffen Hunder, Evangelische Kirchengemeinde Altstadt
Pfarrer Volker Emler, Evangelische Gehörlosengemeinde Essen
Musik: Andy von Oppenkowski (Orgel), Marcel Wesselburg (Tenor)
Kirche: Kreuzeskirche, Weberplatz/Ecke Kreuzeskirchstraße 16
Aufzeichnung: Till Schwachenwalde, Referat für Presse‐ und Öffentlichkeitsarbeit des Kirchenkreises Essen

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Musikalischer Auftakt

J. S. Bach: Gott lebet noch (BWV 461; aus Schemellis Gesangbuch)

Kerzen anzünden

Eröffnung

Wir feiern unseren Gottesdienst im Namen des Gottes, der uns wie eine gute Mutter und ein guter Vater behüten und bewahren möchte. Wir sind hier versammelt im Namen des Gottes, der uns in Jesus Christi gezeigt hat, wie sehr er uns liebt. Und wir sind verbunden im Namen des Gottes, der uns seinen heiligen Geist schenkt, damit unser Glaube und unsere Hoffnung gestärkt werden.

Lied: Ach bleib mit deiner Gnade, EG 347,1‐3

1) Ach bleib mit deiner Gnade bei uns, Herr Jesu Christ, dass uns hinfort nicht schade des bösen Feindes List.
2) Ach bleib mit deinem Worte bei uns, Erlöser wert, dass uns sei hier und dorte dein Güt und Heil beschert.

3) Ach bleib mit deinem Glanze bei uns, du wertes Licht; dein Wahrheit uns umschanze, damit wir irren nicht.

Ansprache

Liebe Gemeinde,
mich faszinieren Schmetterlinge! Ihre wunderbaren Farben, ihre Leichtigkeit, aber auch ihre Zerbrechlichkeit. Und was ich besonders an Schmetterlingen bewundere ist ihre Verwandlungsfähigkeit. Sie entstehen aus einer Raupe, die sich zu einem Kokon verpuppt und daraus entwickelt sich dann ein wunderschöner Schmetterling.

Wir haben am vergangenen Sonntag Ostern gefeiert, das Fest des Lebens! Gott hat seinem Sohn das neue Leben geschenkt, damit wir wissen, das Leben ist stärker als der Tod. „Ich lebe und ihr sollt auch leben!“ (Johannes 14,9) sagt Jesus. Heute feiern wir den Sonntag Quasimodogenti, das heißt: Wie die neugeborenen Kinder sein. So fühlten sich die Jüngerinnen und Jünger Ostern, als ob sie neugeboren wurden. Ihre Trauer und Niedergeschlagenheit verwandelte in die Freude und den Osterjubel! Das Leben kehrte wieder ganz neu in sie zurück und sie verbreiteten voller Begeisterung die Osterbotschaft: Er ist auferstanden! Jesus lebt!

Für diese überwältigende Erfahrung der Auferstehung ist der Schmetterling für viele Christen in der frühen Kirche das Symbol gewesen.

Heinrich Böll, der große Schriftsteller aus unserer Zeit, hat dieses Bild aufgegriffen, wenn er schreibt: Wenn die Raupen wüssten, was einmal sein wird, wenn sie erst Schmetterlinge sind, sie würden ganz anders leben: froher, zuversichtlicher und hoffnungsvoller.

Der Tod ist nicht das Letzte. Der Schmetterling ist das Symbol der Verwandlung, Sinnbild der Auferstehung. Das Leben endet nicht, es wird verändert. Der Schmetterling erinnert uns daran, dass wir auf dieser Welt nicht ganz zu Hause sind.

Bei der Restaurierung eines spätgotischen Kruzifixus, der sich heute in der Regensburger St. Jakobskirche befindet, entdeckte man im Jahr 1991 im Hinterkopf der Figur des Gekreuzigten einen Hohlraum. In ihm befand sich ein einzigartiges Reliquiar, in dem Überreste von Heiligen aufbewahrt werden. Dieser kostbare Fund entstand vermutlich in der Zeit um 1310 bis 1320 in Paris.

Das Reliquiar hat die Form eines lebensgroßen Schmetterlings. Er ist aus feuervergoldetem Silber gearbeitet und hat Fühlerspitzen aus Perlen. Seine Flügel sind naturgetreu gestaltet, aus mehrschichtigem Email. Im goldfarbenen „Leib“ des Schmetterlings ist ein Kreuzigungsbild eingebettet. Christus, mit wallendem Haar und leicht angedeutetem Nimbus, neigt den Kopf zur Seite. Der waagerechte Kreuzesbalken, an dem der Leib Christi hängt, ist identisch mit dem oberen Rand der Flügel. Die Hände der langen, ausgestreckten Arme, durch die Christus angenagelt ist, sind rot gefärbt wie die Farbe des Blutes. Zur Rechten Christi steht, im Flügel des Schmetterlings, Maria. Ihren Kopf, um den ein rötlicher Heiligenschein ist, hat sie zu Christus gerichtet. Den rechten Arm mit der offenen Hand hat sie nach außen gewandt. Mit ihrer Linken fasst sie sich an die Brust. Ihr gegenüber, auf der anderen Seite des Schmetterlingsflügels, steht Johannes mit geneigtem Kopf, um den sich ebenfalls ein rötlicher Heiligenschein befindet. In den verhüllten Händen hält er ein Buch, vermutlich ein Evangeliar. Die Rückseite des Reliquiars ist in kleine Fächer unterteilt, in denen sich die Reliquien befinden, so in dem mittleren Fach ein Partikel vom Kreuz Christi.

Dieses Schmetterlings‐Reliquiar ist ein beindruckendes Kunstwerk für Christliche Auferstehungshoffnung.

Der Schmetterling macht eine erstaunliche Entwicklung durch. Aus dem Ei kommt zuerst einmal die Raupe, und nach einer ganz bestimmten Zeit verpuppt sich die Raupe in einem Kokon, bis sich dann schließlich der Schmetterling entfaltet. Am Ende entsteht etwas ganz Neues und Schönes. So ist der Schmetterling zu einem österlichen Zeichen geworden, zu einem Symbol der Hoffnung, der Verwandlung und des neuen Lebens.

Wenn ich jetzt bei schönem Wetter die bunten Schmetterlinge sehe, dann denke ich nicht bloß: Endlich ist der lange Winter überstanden und der Sommer steht bevor. Ich fühle mich beim Anblick der schönen Geschöpfe an Ostern erinnert. Gott hat den Tod besiegt. Neues ist geworden. Angst und Sorgen haben sich in Freude und neue Hoffnung verwandelt.

Die Schmetterlinge sind faszinierende Zeichen dafür. Was Ostern geschehen ist, kann sich immer wieder ereignen. Es kann sich auch in meinem Leben etwas verwandeln und neu werden.

Manchmal gilt es nur, den Kokon der eigenen Gewohnheiten und Zwänge zu verlassen. Plötzlich entpuppen sich neue Perspektiven. Das Leben gewinnt neue Leichtigkeit.
Endlich fliegen sie wieder, die Schmetterlinge, und weisen darauf hin, wie schön und großartig Gottes Schöpfung ist. Und: Es braucht nicht alles zu bleiben, wie es ist. Neues kann werden! Diese Hoffnung ist eine große Kraftquelle für uns im Leben und im Sterben.

Das beschreibt die bedeutende Trauertherapeutin Elisabeth Kübler‐Ross mit folgenden Worten:

„Jedes Ende ist ein strahlender Beginn: Wenn wir den Körper ablegen, werden wir frei sein, von Schmerzen, Angst und allem Kummer frei sein, wie ein bunter, schöner Schmetterling, dürfen heimkehren zu Gott. Der Tod ist ganz einfach das Heraustreten aus dem physischen Körper, und zwar in gleicher Weise, wie ein Schmetterling aus seinem Kokon heraustritt.“

Mit dieser festen Überzeugung in unseren Herzen und Gedanken können wir ganz im Sinne von Heinrich Böll froher, zuversichtlicher und hoffnungsvoller leben. Amen.

Lied: Ach bleib mit deiner Gnade, EG 347,4‐6

4) Ach bleib mit deinem Segen bei uns, du reicher Herr; dein Gnad und alls Vermögen in uns reichlich vermehr.
5) Ach bleib mit deinem Schutze bei uns, du starker Held, dass uns der Feind nicht trutze noch fäll die böse Welt.

6) Ach bleib mit deiner Treue bei uns, mein Herr und Gott; Beständigkeit verleihe, hilf uns aus aller Not.

Fürbittengebet

Dreieiniger Gott, Vater in Ewigkeit, in Zeiten der Unsicherheit rufen wir zu dir.
Wir sind unsicher in Zeiten drohender Krankheit, wissen nicht, wie lange das dauern soll, wissen nicht, wie wir mit der Situation umgehen sollen.
Wir haben Angst, uns anzustecken
Und wollen doch nicht einsam zuhause sitzen.

In diesen Zeiten der Unsicherheit wenden wir uns zu dir. Du gibst Sicherheit.
Wir rufen zu dir und bitten dich für die Erkrankten.
Gib ihnen Zuversicht.
Wir rufen zu dir und bitten dich für die Angehörigen, die das Leiden mit ansehen müssen und die selbst in Quarantäne sind.

Gib ihnen Zutrauen und die Kraft, durchzuhalten.
In dunklen Zeiten des Leides sende ihnen Worte der Hoffnung und des Trostes.
Wir rufen zu dir und bitten dich für die, die in Zeiten geschlossener Geschäfte nichts verdienen.
Höre ihre Sorgen und wandle sie in Vertrauen.
Hilf, dass ihnen Unterstützung zuteilwird, die ihnen durch die Krise hilft.
Wir rufen zu dir und bitten dich für die, die nicht verstehen, was da geschieht.
Gib ihnen Klarheit, die nicht verängstigt.
Und gib ihnen guten Mut, um diese Zeiten zu durchleben.
Wir rufen zu dir und bitten dich für alle, deren Sorgen, Ängste und Not nicht gehört werden, weil die Pandemie zurzeit das Einzige ist, über das gesprochen wird.
Gib denen, die im Krieg leben müssen, Zuversicht auf Frieden.
Gib denen, die einsam sind, Zuspruch, der zeigt, sie sind nicht vergessen.
Gib den Kindern dieser Welt fröhliche Zeiten und lass sie Liebe erfahren.
Himmlischer Vater, wir bitten dich, erhöre uns. Und sende Deinen Geist zu uns, damit wir getröstet werden und trösten können.
Amen

Vaterunser

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

Segen

Es segne uns Gott, der Vater, er ist der Raum, in dem wir leben.
Es segne uns Jesus Christus, der Sohn, er ist der Weg, auf dem wir gehen.
Es segne uns der Heilige Geist, er ist die Kraft, die uns Mut zum Leben schenkt. So segne uns der dreieinige Gott: der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen

Musikalischer Ausklang

J. S. Bach: Ach bleib bei uns, Herr Jesu Christ" (BWV 649; aus den Schübler‐Chorälen)